Wien: Fast alle Lokale brechen TabakgesetzEine Untersuchung in Wien Neubau ergab, dass der Nichtraucherschutz von vielen Betrieben nicht eingehalten wird.
Nichtraucher/Raucherbetriebe schneiden besonders schlecht ab.
28.11.2013 | 18:29 | (Die Presse)
Wien. Die Debatte um den Schutz von Nichtrauchern in Lokalen geht in die nächste Runde: Nachdem erst Anfang der Woche der Wiener Szenewirt Stefan Gergely angekündigt hat, wegen Unklarheiten im Tabakgesetz den Verfassungsgerichtshof anzurufen, sorgt nun eine Untersuchung für Diskussionen.
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Dafür wurden 314 Lokale im siebten Wiener Gemeindebezirk unter die Lupe genommen, berichtete Studieninitiator Peter Tappler bei der Präsentation. Der Bezirk Neubau sei deshalb ausgewählt worden, weil er wegen seines städtischen Umfelds und der Lokaldichte repräsentativ sei. Von den drei untersuchten Kategorien – reine Raucherbetriebe, reine Nichtraucherbetriebe und gemischte Nichtraucher/Raucherbetriebe – schnitten Letztere am schlechtesten ab. Von 93 solchen Betrieben erfüllte nur ein einziger alle gesetzlichen Vorschriften. Und wenn man die Verstöße gegen die Kennzeichnungspflicht weglässt, herrschen immer noch in 80 Betrieben (das sind 86Prozent der Getesteten) nicht gesetzeskonforme Zustände.
Die Tür bleibt offen
Ein Großteil der Gesetzesverstöße bezieht sich auf die vorgegebene Trennung zwischen den Räumen. Bei 54 Prozent der Betriebe ist eine solche zwar vorhanden, die Türe aber permanent geöffnet. Bei knapp neun Prozent fehlte eine Abtrennung vollkommen. Ein weiterer Kritikpunkt ist der Weg zur Toilette. Bei 45 Prozent der untersuchten Lokale konnte man entgegen den Vorschriften nur über den Raucherbereich auf das WC gelangen (was laut dem jüngsten Urteil des Verwaltungsgerichtshofs gegen das Gesetz verstößt). Und auch die Bestimmung, dass der Hauptraum der Nichtraucherraum sein muss, wurde von 38 Prozent nicht eingehalten. Auch von den ausgewiesenen Raucherbetrieben erfüllten 43 Prozent die Vorgaben nicht. Diese Gastronomiebetriebe waren nämlich größer als die vom Gesetzgeber vorgegebenen 50 Quadratmeter.
Tappler, Sachverständiger für Schadstoffe in Innenräumen und Mitarbeiter der UBO Innenraumanalytik, hat die Studie gemeinsam mit der ÄGU (Ärztinnen und Ärzte für gesunde Umwelt) organisiert. Hans-Peter Hutter von der ÄGU betonte, dass es um den Schutz der Nichtraucher gehe. Passivraucher atmeten nämlich über den „Nebenstromrauch“ hunderte Schadstoffe in vielfach höherer Konzentration ein als die Raucher selbst. Die Pressekonferenz wurde übrigens im Café Westend abgehalten, jenem Lokal, das alle Auflagen erfüllt.
In einer Reaktion auf die Studie verwies Gastronom Gergely darauf, dass die österreichische Gastronomie seit 2010 an die 100 Millionen Euro in Rauchertrennungen investiert habe. Diese baulichen Maßnahmen dienten dem Schutz der Nichtraucher.
Detail am Rande: Die Raucher geraten auch von anderer Seite unter Druck. Die SPÖ erwägt derzeit, die Preise für eine Zigarettenpackung um 30 Cent zu erhöhen, um dadurch Zahnspangen für Kinder zu finanzieren. Die ÖVP hält sich zu der Idee noch bedeckt. (g.b.)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.11.2013)
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