http://www.parlament.gv.at/PG/DE/XXIV/AB/AB_05246/fnameorig_191424.html Dazu Prof. Dr. Manfred Neuberger
Das BMG gibt an, dass in 84 % der Gaststätten, in denen mehr als 1 Gastraum zur Verfügung steht, sowohl Raucher- als auch Nichtraucherräume vorhanden sind (16% Gesetzesverletzungen). In den Lokalen, deren Inhaber eine Trennung zwischen Raucher- und Nichtraucherraum vorgenommen haben beziehungsweise künftig vorzunehmen angaben, sind diese Räume zu 60 % baulich vollkommen getrennt (40 % Gesetzesverletzungen), zu 15 % ist die Erfordernis der Hauptraumfunktion als Nichtraucherraum erfüllt (85 % Gesetzesverletzungen) und in 25 % der Fälle entfallen mehr als die Hälfte der Verabreichungsplätze auf den Nichtraucherraum (75 % Gesetzesverletzungen).
Vermutlich wird das Tabakgesetz in Wien am häufigsten gebrochen und am seltensten bestraft (Daten z.T. noch ausständig).
Frau
Präsidentin des Nationalrates
Maga. Barbara Prammer
Parlament
1017 Wien
Alois Stöger diplômé
Bundesminister
Wien, am 9. Juli 2010
GZ: BMG-11001/0136-I/5/2010
Sehr geehrte Frau Präsidentin!
Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 5306/J der Abgeordneten Glawischnig-Piesczek, Freundinnen und Freunde nach den mir vorliegenden Informationen wie folgt:
Fragen 1 und 2:
Es liegen meinem Ressort diverse, teils repräsentative, Studien wie auch wissenschaftliche Artikel aus diversen Ländern, so auch aus Österreich, zum Thema vor.
Viele davon sind konzentriert auf die Nikotinkonzentration in der Innenraumluft, die jedoch nur einen Teilaspekt der Feinstaubbelastung in Innenräumen darstellt (z.B. M. Neuberger, H. Moshammer et.al.: Environmental tobacco smoke exposure in public places of European cities, Tobacco Control 2005, 14, 60-63; H. Moshammer, M. Neuberger et.al.: Italy and Austria before and after study; second-hand smoke exposure in hospitality premises before and after 2 years from the introduction ofthe Italian smoking ban, Indoor Air 2008).
Studien aus der Schweiz vermitteln ein umfassenderes Bild zur Feinstaubbelastung, wobei hier durchgehend Feinstaub bis zu einer Partikelgröße von PM 2,5 gruppiert wurde (vgl. C. Koojiman: Feinstaubbelastungen in Schweizer Gastronomiebetrieben, Fakten, Information der Lungenliga Schweiz, Mai 2008; B.-J. Daly, K. Schmid, M. Riediker: Contribution of fine particulate matter sources to indoor exposure in bars, restaurants, and cafes - PM2.5-sources in hospitality establishments, Indoor Air 2010).
Noch umfassender fanden die Messungen in einer oberösterreichischen Pilotstudie statt ( F. Twrdik, B. Damberger, P.Trappler, G. Stolz, Pilotstudie zur Untersuchung der Feinstaubkonzentration in oberösterreichischen Innenräumen, Amt der oberösterreichischen Landesregierung, 2007), wo auch die kleinsten Feinstaubpartikel (PM 1,0 und Ultrafeinstaub) gemessen und ausgewiesen wurden, bei denen ein besonders hohes gesundheitliches Schädigungspotential vermutet wird. Diese Studie kann aber auf Grund der niedrigen Samplezahl nicht als repräsentativ angesehen werden.
Alle genannten Studien kommen zu dem Ergebnis, dass überall dort, wo geraucht wird, die Feinstoffkonzentrationen höher sind als in Nichtraucherräumen. Vor allem in der Gastronomie, und hier insbesondere in Diskotheken, Bars und Cafes, ist die Feinstaubbelastung durch Tabakrauch erhöht. Durch den Betrieb von raumlufttechnischen Anlagen ist eine Reduktion der Feinstaubkonzentration möglich, wogegen bloßes Lüften nicht die gewünschten Erfolge erzielt. Die besten Ergebnisse werden in Nichtraucherräumen erzielt.
Fragen 3 und 13:
Die erwähnten Studien sind unter:
Environmental tobacco smoke exposure in public places of European cities
Italy and Austria before and after study: second-hand smoke exposure in hospitality premises before and after 2 years from the introduction of the Italian smoking ban.
Feinstaubbelastungen in Schweizer Gastronomiebetrieben
Contribution of fine particulate matter sources to indoor exposure in bars, restaurants, and cafes
veröffentlicht.
Die “Pilotstudie zur Untersuchung der Feinstaubkonzentration in oberösterreichischen Innenräumen, Amt der oberösterreichischen Landesregierung“, F. Twrdik, B. Damberger, P.Trappler, G. Stolz,2007, ist über das Amt der oberösterreichischen Landesregierung erhältlich.
Fragen 4 bis 7, 14 und 15:
Für den Bereich der Feinstaubbelastung stehen, wie bereits in meiner Antwort zu den Fragen 1, 2, 3 und 13 ausgeführt, vielfältige Studien zur Verfügung. Ich werde freilich mit großem Interesse allfällige weitere Bemühungen der Wissenschaft weiter verfolgen.
Frage 8:
Das Tabakgesetz verlangt, wenn den Gästen das Rauchen von den Gewerbetreibenden gestattet werden soll, dass dafür ein eigener Raum zur Verfügung gestellt wird. Dabei muss gewährleistet sein, dass daraus der Rauch nicht in die übrigen, mit Rauchverbot belegten Bereiche dringt. Der Raucherraum muss daher von der Decke bis zum Boden von festen Wänden (Mauer, Glas etc.) umschlossen und nach oben hin von einer Decke abgeschlossen sein, sodass durch Wände und Decke kein Rauch hinaus dringt. Daher muss z.B. ein „Extrazimmer“, wenn darin das Rauchen gestattet werden soll, auch mit einer Tür verschlossen sein, so dass aus diesem Raum der Rauch, außer beim Durchschreiten der Eingangstür, nicht in die übrigen mit Raucherverbot belegten Verabreichungsbereiche eindringen kann. Allenfalls darüber hinausgehende lüftungstechnische Gesichtspunkte sind auf Basis weiterer, über das Tabakgesetz hinausgehender, Rechtsvorschriften (Baurecht, Feuerpolizeirecht, Betriebsanlagenrecht, etc.) zu beurteilen.
Frage 9:
Die Beurteilung konkreter Umbaumaßnahmen fällt in den Kompetenzbereich der jeweiligen Baubehörde. Darüber hinaus wird die Einhaltung tabakrechtlicher Vorschriften im Zuge eines allfälligen in die Wege geleiteten Verwaltungsstrafverfahrens durch die zuständigen Verwaltungsstrafbehörden erster Instanz (Bezirksverwaltungsbehörden) überprüft.
Frage 10:
Eine solche finanzielle Maßnahme meines Ressorts ist nicht vorgesehen. Nicht in den Kompetenzbereich des Bundesministeriums für Gesundheit fallen allfällige Fördermöglichkeiten von Seiten der Wirtschaft. Auch ist in diesem Zusammenhang auf die mögliche steuerliche Absetzbarkeit baulicher Maßnahmen hinzuweisen.
Ich sehe die Aufgaben meines Ressorts in der Förderung (sucht-)präventiver Maßnahmen aller Ebenen, wie dies beispielsweise durch die Förderung der Arbeitsgemeinschaft Suchtvorbeugung (Suchtpräventionsstellen in den Bundesländern) oder des Rauchertelefons geschieht.
Ich darf auch darauf hinweisen, dass das Tabakgesetz keinerlei Verpflichtung zum Einbau eines Raucherraums statuiert. Vielmehr gilt nach § 13a des Tabakgesetzes allgemeines Rauchverbot in Lokalen, Raucherräume sind die Ausnahme.
Fragen 11 und 12:
Die zu den Fragen 1 und 2 genannten Studien gehen auch auf diesen Teilaspekt ein. Dabei kam bei den Messungen klar heraus, dass Nichtraucherbereiche dann am wenigsten (mit-)belastet sind, wenn sie neben erforderlichen lüftungstechnischen Gegebenheiten vor allem baulich vollkommen vom Raucherbereich getrennt sind. Auf diesen Erkenntnissen basieren nicht zuletzt die in Österreich nunmehr geltenden Nichtraucherschutzvorschriften.
Fragen 16 bis 19:
Anhand eines durch mein Ressort erstellten Fragebogens wurden im Wege der Landesregierungen die in Österreich im Jahr 2009 eingegangenen Anzeigen samt Verfahrensstand/-ausgang erhoben und durch das Ressort ausgewertet. Dabei hat sich gezeigt, dass in 97 % der im Zusammenhang mit der Übergangsregelung bis
30. Juni 2010 eingebrachten Anzeigen ein rechtzeitiger Bauantrag vorlag. Bei mehr als 2/3 dieser rechtzeitig eingebrachten Anträgen wurde auch überprüft, ob die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Übergangsregelungen vorliegen; in lediglich 1/4 dieser Fälle wurde eine nicht gerechtfertigte Inanspruchnahme der Übergangsregelungen festgestellt.
Eine weitergehende Evaluation des Ausgangs von Strafverfahren betreffend die Nichteinhaltung der Nichtraucherschutzvorschriften in der Gastronomie war auf Grund der kleinen Zahl bisher in Rechtskraft erwachsener Straferkenntnisse gegenüber einer großen Anzahl noch nicht abgeschlossener Verwaltungsstrafverfahren nicht möglich.
Darüber hinaus erfolgte zur Evaluation des Tabakgesetzes im Auftrag meines Ressorts an das Meinungsforschungsinstituts IFES eine Bevölkerungserhebung, die vor allem auch Informationen zur Umsetzung bestehender Rauchverbote in Gastronomiebetrieben lieferte. Sie kam zu dem Ergebnis, dass in 84 % der Gaststätten, in denen mehr als 1 Gastraum zur Verfügung steht, sowohl Raucher- als auch Nichtraucherräume vorhanden sind. In den Lokalen, deren Inhaber eine Trennung zwischen Raucher- und Nichtraucherraum vorgenommen haben beziehungsweise künftig vorzunehmen angaben, sind diese Räume zu 60 % baulich vollkommen getrennt, zu 15 % ist die Erfordernis der Hauptraumfunktion als Nichtraucherraum erfüllt und in 25 % der Fälle entfallen mehr als die Hälfte der Verabreichungsplätze auf den Nichtraucherraum.
Wird auf Grund einer beispielsweise eingegangenen Anzeige ein Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet, so werden im Zuge des diesbezüglichen Ermittlungsverfahrens auch diverse Beweise erhoben, zu denen neben der Zeugeneinvernahme eben auch der Augenschein gehört. Dieser kann gem. § 54 AVG nötigenfalls mit Zuziehung eines Sachverständigen vorgenommen werden.
Kontrollen, ob von Amts wegen durch die zuständige Bezirksverwaltungsbehörde initiiert oder auch im Zuge eines konkreten Verwaltungsstrafverfahrens indiziert, können daher auf verschiedene Art erfolgen.
Vorstellbar und keinesfalls ausgeschlossen sind dabei auch eventuelle Sichtkontrollen als auch beispielsweise Innenraumluft-/Schadstoffmessungen, die naturgemäß genauere Schlüsse darauf zulassen, ob beziehungsweise wann im gegenständlichen Raum geraucht worden ist; dies stellt jedoch eine kostspieligere Variante der Kontrolle dar.
Eine genaue Beurteilung der Effizienz der durch die Gewerbetreibenden vorgenommenen Maßnahmen konnte, nicht zuletzt auf Grund der Tatsache, dass viele Betriebe unter die Übergangsfristen bis 30. Juni 2010 fielen, bis dato nicht erfolgen. Daher kamen in diesem Zusammenhang auch keine Richtlinien oder Grenzwerte zur Anwendung.
Frage 20:
Ein generelles Rauchverbot in der Gastronomie wäre aus gesundheitlicher Sicht sicher am zielführendsten, vor Passivrauchen zu schützen. Die österreichische Kompromisslösung, wonach seit 2005 das Nichtrauchen in der Öffentlichkeit die generelle Norm und Rauchen nur noch unter sehr eingeschränkten Umständen ausnahmsweise zulässig ist, ermöglicht es sowohl Nichtraucher/innen vor unfreiwilliger Tabakexposition weitestgehend geschützt zu bleiben, als auch unter bestimmten Voraussetzungen den Raucher/innen, in hierzu vollkommen abgetrennten Extrazimmern Rauchtabak zu konsumieren. Eine allgemeine Akzeptanz dieser Regelung in der österreichischen Bevölkerung ist durch eine kürzlich durch das Meinungsforschungsinstitut IFES durchgeführte Meinungsumfrage gezeigt worden.
Nicht zuletzt auch vor dem Hintergrund der Rechtssicherheit ist eine Änderung der diesbezüglichen Nichtraucherschutzvorschriften zur Zeit nicht geplant.